Leitstelle

Bringt eCall eigentlich wirklich etwas?

Was ist eCall?

eCall  ist ein von der Europäischen Union vorgeschriebenes automatisches Notrufsystem für Kraftfahrzeuge, das die Hersteller seit dem 31. März 2018 in alle neuen Modelle von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen einbauen müssen.

Erstmals vorgestellt im Jahr 2001 wurde es 2011 von der EU beschlossen, mehrfach kurzfristig wieder verschoben und ist seit 31. März 2018 nun tatsächlich Pflicht.

Wie funktioniert eCall?

Damit ausgestattete Fahrzeuge setzen unmittelbar nach einem Verkehrsunfall selbsttätig einen eCall-Notruf an die Notrufnummer 112 ab. Auslöser für einen eCall-Notruf sind im Fahrzeug verbaute Crash-Sensoren. Wahlweise kann der Notruf bei einem dringenden medizinischen Problem (z. B. Herzattacke) auch manuell ausgelöst werden.

Technologisch läuft es leider über eine geradezu „steinzeitliche“ Modemverbindung, moderne Datenübertragungstechnik wie heute eigentlich üblich findet nicht statt.

In Österreich gehen die eCalls bei der Polizei ein

eCall_ADAC-Ablauf

Der eCall geht dort ein wo auch der Notruf 112 eingeht. Leider wird in Österreich der Euro-Notruf 112 nicht, wie in anderen europäischen Ländern üblich, von einer qualifizierten Rettungs- und/oder Feuerwehrleitstelle entgegengenommen, sondern von der nächsten Bezirkspolizeidienststelle. Da dort aber weder ein Einsatzleitsystem in Betrieb, noch zertifiziertes Leitstellenpersonal im Dienst ist und auch keinerlei Anbindung an unser modernes Einsatzleitsystem existiert, tritt das „Stille-Post-Prinzip“ in Aktion. Der Polizeibeamte jener Stelle wo der eCall eingeht übermittelt dann an die tatsächlich zuständige Leitstelle die eCall-Angaben mit Zeit- und eventuell sogar Informationsverlust telefonisch weiter.

Gehen wirklich alle eCalls bei der Polizei ein?

Nein, ich gehe davon aus, dass tatsächlich nur ein kleiner Teil dort eingeht. Da dieser Service auch durch Privatfirmen erbracht werden kann haben viele Autohersteller entsprechende Vereinbarungen mit sogenannten „Third Party Services“ geschlossen oder eigene Callcenter (z.B. OnStar, Car-Net…) etabliert, um den Lenkern weitere Zusatzdienste anbieten zu können. Dort angeschlossene Fahrzeuge schicken eCalls nur dann zur Polizei, wenn der eigentliche „Third Party Service“ nicht erreichbar ist.

Diese modern aufgestellten „Third Party Service“-Anbieter haben teilweise Onlineanbindungen, um die eCalls mit allen vorhandenen Daten und Informationen direkt in die Einsatzleitsysteme der Leitstellen einzuspielen und automatisch Alarmierungen auszulösen. Das ist wesentlich effektiver, als die Alarmauslösung über 112.

Welche Daten werden bei einem eCall übertragen?

Kommt ein eCall automatisch oder manuell zustande, werden die nachfolgenden Daten einmal und nur im Zusammenhang mit dem unmittelbar zuvor ereigneten Unfall übermittelt (Quelle: Europäischer Standard EN 15722):
  • Zeitstempel des Unfalls (UTC-Format/koordinierte Weltzeit)
  • Steuerungsdaten (Auslöseart manuell/automatisch, Kennung Notruf/Test, EG-Fahrzeugklasse, Positions-Verlässlichkeitsbit)
  • Fahrzeug-Identifizierungsnummer (FIN; international genormte, 17-stellige Nummer, mit der ein Auto gemäß IS0 3779 eindeutig identifizierbar ist)
  • Antriebsart (z. B. Benzin, Diesel, Gas, Elektro)
  • Fahrzeugposition (geographische Länge und Breite gemäß ISO 6709)
  • letzte zwei Fahrzeugpositionen (Längen- und Breitengrad-Unterschiede in Bezug zur aktuellen Fahrzeugposition)
  • Fahrtrichtung des Autos (in Zwei-Grad-Schritten 0-358 von der magnetischen Nord-Richtung)
  • Anzahl der Insassen (bekannte Mindestanzahl angelegter Sicherheitsgurte)
  • optionale Zusatzdaten (nicht festgelegt; kann beispielsweise eine (IP-)Adresse erhalten, unter der weitere relevante Daten oder Funktionen abrufbar sind)

Auswirkung und Nutzen von eCall?

Auf Grund der tatsächlich genutzten modernen Ortungstechnologien hat sich der ursächliche Nutzen von eCall eigentlich überholt. Ich erwarte eine steigende Anzahl von Fehleinsätzen je mehr Fahrzeuge mit eCall ausgerüstet sind und vor allem auch eine steigende Anzahl von Doppelmeldungseingängen und Fehlauslösungen.

Zusammengefasst: Ich erwarte nur begrenzten Nutzen bei doch erheblichem Aufwand ….

Wenn schon, dann sollten spezialisierte „Third Party Services“ (z.B. OnStar, Car-Net…) den eCall abwickeln und die tatsächlichen Events direkt an die Leitstellen fertig zur Disposition online übermitteln.

Wo findet man weitere Informationen zu eCall?